на немецком....
Die schöne Pianistin Valentina Babor.
Foto: Sandra Ludewig
Valentina Babor live.
Foto: dpa
Die Münchner Pianistin Valentina Babor hat bislang mit Klassik brilliert. Nun wagt sie den Sprung ins Entertainment
Sie ist der neue Shootingstar am Crossover-Himmel: Die Münchner Pianistin Valentina Babor hat vor kurzem ihr erstes Soloalbum herausgebracht, das der Stargeiger David Garrett produziert hat. In wenigen Wochen geht die 26-Jährige nun auf Crossover-Tournee, um ihren Fans live zu beweisen, wie perlend leicht und vielseitig ihr Spiel ist. Denn tatsächlich reicht die musikalische Spannbreite der attraktiven Virtuosin, die von der Klassik herkommt und dort schon mehrere Preise gewonnen hat, von Frédéric Chopins „Revolutionsetüde“ bis zu Songs wie „Just give me a reason“ oder von Franz Liszts „Ungarischer Rhapsody“ bis zu „I believe I can fly“.
AZ: Frau Babor, Sie haben mit fünf Jahren mit dem Klavierspielen angefangen und eine klassische Ausbildung zur Konzertpianistin absolviert. Hatten Sie Vorbilder, die Sie geprägt haben?
VALENTINA BABOR: Vorbilder habe ich heute noch. Wie etwa im klassischen Bereich Grigory Sokolov oder András Schiff, bei dem ich immer noch Unterricht habe. Unter den weiblichen Pianistinnen bewundere ich Martha Argerich.
Haben Sie das Gefühl, einen inneren Auftrag zu haben? Was wollen Sie Ihren Zuhörern durch Ihr Spiel vermitteln?
Emotionalität. Ich möchte, dass die Menschen, die in ein Konzert von mir kommen, ihre Alltagssorgen vergessen und in eine emotionale Welt eintauchen können. Das ist aber nicht vom Genre abhängig. Das Crossover-Programm zum Beispiel, das ich im Moment mache, ist natürlich Geschmackssache, aber man kann sehr viel daraus machen. Es bedeutet im Grunde ja nichts anderes, als Musikgenres miteinander zu mischen, woraus sich viele Möglichkeiten ergeben. Die schönste Möglichkeit besteht für mich darin, dass ich, die von der Klassik kommt, meine Zuhörer zur Klassik hinführen kann.
Kann man mit Crossover Ihrer Meinung nach ein größeres Publikum erreichen?
Absolut. Es hängt aber davon ab, wie man es macht. Es gibt mittlerweile genug Beispiele, dass diese Musikform wunderbar funktioniert: Das sehen wir zum einen an David Garrett, der auch mein Produzent ist, das sehen wir zum anderen an den 2Cellos, die ich unglaublich toll finde. Die 2Cellos sind zwei hochvirtuose Cellisten, die es perfekt geschafft haben, die richtige Mischung zu finden. Außerdem bin ich auch Fan von vielen nicht-klassischen Künstlern, mit denen ich gerne einmal zusammenarbeiten würde – wie Christina Aguilera. Mir macht dieser Musikbereich sehr viel Spaß. Man könnte fast sagen, dass ich hier Blut geleckt habe, auch im Bereich der Filmmusik.
Aber darf man Klassik überhaupt verpoppen und verjazzen? Werden die in der Klassik geltenden Standards dadurch nicht aufgeweicht?
Grundsätzlich kann man alles machen, solange es vom Ergebnis her gut ist. Als klassische Künstlerin besitze ich weiterhin dieselbe Ernsthaftigkeit, wenn ich z. B. die Hammerklaviersonate oder op.111 von Beethoven interpretiere. Op.111 würde ich auch jetzt nicht in einer Crossover-Version bringen. Ich glaube, dass es wichtig ist, die richtigen klassischen Werke zu nehmen, die sich für Crossover eignen und sich kombinieren lassen.
Wie zum Beispiel die „Ungarische Rhapsodie“ von Franz Liszt oder „Rhapsody in Blue“ von George Gershwin ...
Das sind Stücke, die man mit moderner Musik verbinden kann. Ich präsentiere sie übrigens solo auf meinem Album „Piano Princess“ und nicht als Crossover-Einspielung. Man kann letztendlich alles machen, aber es ist nicht immer einfach, ästhetisch die richtige Form zu finden. Bei meinem ersten Album bin ich deshalb auch nicht mit allem zufrieden. Es wurde sehr schnell produziert, und es war mein erster Versuch, mit dem Klavier etwas Ähnliches zu machen wie David Garrett mit der Geige. Daraus hat sich jetzt einiges entwickelt, Dinge, die ich im nächsten Album anders machen möchte.
Nun ist bereits mehrfach der Name David Garrett gefallen, der das Album produziert hat.
Ja, und es war David, der mich zum Crossover gebracht hat. Das war seine Idee.
Wie haben Sie ihn denn kennengelernt?
Das war Zufall. Er hat ein Konzert in München gegeben, ich einen Abend davor. Und der Dirigent von seiner Klassiktour war auf meinem Konzert und hat mich zu seinem Konzert eingeladen. Darum habe ich den Dirigenten dann hinter der Bühne getroffen, und dort bin ich dann mit David aufeinandergetroffen. Er hat bei dieser Gelegenheit erfahren, dass ich Pianistin bin. Sein Manager kannte mich anscheinend schon …
War er Ihnen gleich sympathisch?
Ganz sicher. Aber wir haben gar nicht lange miteinander gesprochen. Es war ein ganz kurzes, unverbindliches Gespräch. Am nächsten Tag bekam ich aber dann eine Nachricht von ihm auf Facebook, in der er mich nur gefragt hat, ob ich schon bei einem Plattenlabel sei. Ich dachte zunächst, da schreibt mich irgendein Fake-Account an …
Hat er Sie einmal persönlich im Konzert gesehen?
Nein. Aber er hat sich erkundigt und sich Aufnahmen von mir im Internet angehört. Er hat mich angerufen und mir erzählt, dass er schon länger vorhatte, die Produktion von einem jungen Künstler zu übernehmen. Wahrscheinlich hat er gespürt, dass ich eine Begeisterung für Crossover entwickeln kann, wozu nicht jeder Musiker fähig ist. Deshalb hat er mich dann auch gefragt, ob wir zusammenarbeiten wollen.
Hat er alle Titel auf Ihrem Album arrangiert?
Er hat zwei Arrangeure, die für ihn arbeiten. Er hat unglaublich viele Ideen im Kopf – wie ich. Aber um Musik wirklich arrangieren zu können, mit Backingtracks, Band, Computer und dergleichen, dazu bedarf es im Grunde eines eigenen Studiums. Deshalb braucht man einen guten Arrangeur an der Seite oder einen Filmmusikkomponisten, der diese Aufgabe übernehmen kann. Und solche Helfer hat David natürlich auch, weil er selbst ständig unterwegs ist. Deshalb konnten wir beide fast ausschließlich über das Internet kommunizieren, bis wir uns in New York im Studio getroffen haben.
Ist dort Ihr Album „Piano Princess“ entstanden?
Ja, und es lief alles sehr schnell. Innerhalb von zwei, drei Wochen war es fertig. Das Label wollte meine erste CD so schnell wie möglich herausbringen. Es war der Versuch, mich als Person am Klavier dem Publikum zu präsentieren. Aber für mein nächstes Album möchte ich mir mehr Zeit nehmen.
Auf Ihrem Album „Piano Princess“ spielen Sie u. a. die „Revolutionsetüde“ von Frédéric Chopin, ein sehr haariges und virtuoses Stück. Trotzdem wirken Sie, wenn man Sie auf dem Video dazu spielen sieht, sehr entspannt und unverkrampft.
Was bei dieser Aufnahme eine Herausforderung für mich war. Ich musste aufgrund des Zeitdrucks einiges auf den Backingtracks auf Metronom einspielen. Das hasse ich im Grund. Wenn ich das aber nicht mache, müssen die ganzen synthetischen Passagen auf dem Computer angepasst werden. Und das ist sehr zeitaufwendig. Das kann man machen, aber dafür war einfach die Zeit nicht mehr da. Das hat mich teilweise meiner Ausdrucksmöglichkeiten beraubt. Bei einem Streicher liegt der Fall anders, der kann den Ton während seiner Erzeugung mit seinem Bogen verändern. Wenn bei mir hingegen einmal eine Taste angeschlagen ist, ist sie angeschlagen. Ich kann dann nicht mehr viel machen. Das heißt, die Zeit ist ein Ausdrucksmittel für mich, ich benötige sie, um eine Phrase bilden zu können. Wenn ich sie nicht habe oder hier eingeschränkt bin, geht ein Teil meiner Ausdrucksmöglichkeiten verloren.
Der künstlerische Ausdruck kommt ja bei einem Pianisten auch dadurch zustande, dass man andere Tempi setzt.
Das stört mich teilweise auf meinem Album. Zudem wird der Klang durch entsprechende Dämpfer zurückgenommen. Das Klangspektrum zwischen Pianissimo und Fortissimo wird so ausgeglichen, dass alles gleich klingt und eine ähnliche Dynamik bekommt.
Kann man mit Klavier als Soloinstrument überhaupt die breite Masse erreichen? Haben Sie schon einmal daran gedacht, einen Sänger mit einzubeziehen.
Habe ich. Und Xavier Naidoo steht bei mir ganz oben auf der Liste, weil ich erlebt habe, wie unglaublich vielseitig er von seiner Stimme her ist. Naidoo ist unglaublich talentiert, und deshalb könnte ich mir vorstellen, mit ihm etwas gemeinsam zu machen. Also die Idee, einen Sänger mit ins Boot zu nehmen, regt mich an. Aber natürlich wäre das zunächst nur ein einzelnes Featuring auf meinem neuen Album. Wichtig ist, dass man gute Mischungen hinbekommt: Klavier mit synthetischen Klängen, mit einer Band, mit einem Streichorchester. Aber es wird immer auch Solopassagen von mir geben. Wie gesagt: Entscheidend ist die richtige Mischung.
Bedeutet es nicht einen gnadenlosen Druck, als Pianist ein Solokonzert zu geben? Alleine auf die Bühne zu gehen mit dem Wissen, dass ein paar Tausend Menschen jetzt auf jeden Ton hören, den man spielt?
Musizieren auf dem Niveau, wie ich und viele andere es betreiben, hat auch einen sportlichen Aspekt.
Aber es ist kein Leistungssport.
Man muss trainieren und versuchen, immer in Form zu bleiben. Denn wenn ich ein Jahr nicht mehr üben würde, könnte ich die Liszt-Rhapsodie nicht mehr auf einem hohen künstlerischen Niveau spielen. Aber das ist nicht das eigentliche Motiv beim Musizieren.
Und das wäre?
Jeder aufführende Künstler muss für sich selbst das Motiv finden, warum er auf die Bühne geht. Ich selbst gehe auf die Bühne, um Menschen emotional zu erreichen und mit ihnen über die Musik in Kontakt zu treten.
Also um sich seelisch auszutauschen.
Das ist das Wichtigste. Und deshalb spielt es dann auch keine große Rolle, wenn einmal ein Akkord danebengeht. Das wird den meisten Leuten, die emotional berührt sind, wahrscheinlich auch gar nicht auffallen – nur irgendwelchen Profis, die die Stelle genau kennen. Aber selbstverständlich habe ich einen gewissen Anspruch an mich.
Einen gewissen Perfektionismus.
Einen gewissen Perfektionismus. Aber letztendlich ist es auf der Bühne doch wichtiger, dass man Freude hat. Denn wenn man selbst auf der Bühne keine Freude hat, dann hat auch das Publikum keine. Dann kann sich die Begeisterung nicht richtig übertragen. Und in der Klassik ist es leider oft so, dass man nur an die Leistung denkt, und deshalb den Moment des Aufführens gar nicht genießen kann.
Valentina Babor: Piano Princess. Audio CD, Deag Music (Sony Music). Crossover-Tournee 2015: München, Mo., 30. 11. 2015, Freiheizhalle, 20 Uhr, Karten unter Telefon 089 /54818181
Christoph Bartscherer