Der Star-Geiger und Teilzeitberliner ist nach seinem Bandscheibenvorfall zurück auf Tour.
29.03.2019, 08:00
Katharina Weiss
David Garrett spielt zum ersten mal seit seiner Zwangspause wieder in Berlin. Ein Bandscheibenvorfall zwang den Stargeiger im letzten Jahr zur Ruhe – nach einer erfolgreichen Tournee im Ausland kommt er mit einer aufwendigen Show am 7. Mai in die Mercedes-Benz Arena. Wir sprachen mit ihm über sein Leben als Teilzeitkreuzberger und echte Freunde in schweren Zeiten.
Auf Instagram sieht man Sie öfter beim Trainieren – wie wichtig ist Fitness in Ihrem Beruf?
David Garrett: Wenn man körperlich nicht fit ist, dann wird so eine Tour sehr, sehr schwer. Ich spiele ja über zwei Stunden durch, ohne richtige Pause. Dafür halte ich mich das ganze Jahr über fit und vor einer Tour amplifiziere ich das und mache mehr Cardiotraining, um die 19 Shows in einem Monat auch durchzuhalten.
Sie wohnen in Kreuzberg, wie klingt der Bezirk für Sie?
Sehr ruhig, ich habe mir eine entspannte Ecke ausgesucht. Nachts höre ich nur das ferne Rattern der U-Bahn. Abseits vom Trubel – aber mal für einen Kaffee oder ein Glas Wein rausgehen ist auch möglich. Ich mag Kreuzberg gerne und bin sehr glücklich dort.
Sie sagen, dass sie privat eher zurückgezogen sind. Inwiefern fühlen sie sich als Teil des urbanen Lebensstils der Stadt?
Ich verbringe pro Jahr zwei bis drei Monate in Berlin, sonst bin ich auf Tour oder in meiner Wohnung in New York. In Berlin gehe ich eher selten aus. Ich jogge gern im Tierpark und gehe gern mit meiner Familie oder meinen Freunden Mittagessen oder Kaffee trinken. Ich liebe Berlin sehr und schätze die Energie meines Bezirks bei der gleichzeitigen Ruhe, die ich dort genießen kann. Aber von dem urbanen Lebensstil, den Sie ansprechen, bekomme ich wenig mit. Ich ziehe auch nicht mehr jedes Wochenende um die Häuser, diese Zeiten liegen hinter mir.
Haben Sie nach Ihrer Auszeit einen neuen Blick auf die Titel geworfen, deren aktuellste Interpretation wir bei der kommenden Tour hören dürfen?
Wir spielen viele Titel in einem anderen Arrangement. Für das „Greatest Hits“-Album habe ich viele Sachen unplugged aufgenommen und bei den Konzerten wird die Musik durch viel Licht- und Videotechnik ergänzt. Einer meiner Höhepunkte wird das Queens-Medley gegen Ende der Show. Da habe ich eine Interaktion mit dem Publikum geplant und hoffe sehr, dass alle mitmachen und das klappt. Ich bin gespannt, wie das Publikum die Tour annimmt. All das, was ich grenzüberschreitend sowohl im Crossover als auch in der Klassik in den letzten Jahren gemacht habe, kulminiert sich in diesem musikalischen Feuerwerk. Es ist mir wichtig, dass es aber auch ruhige Momente gibt, die wir mit dezimierten Arrangements begleiten. Die Formel dafür ist: zwei schnelle, ein langsamer Song. Für mich ist es sehr wichtig, das Publikum in diese musikalische Achterbahn mitzunehmen und meinen Fans immer wieder etwas Neues zu bieten, wie zum Beispiel Showeffekte, die man sonst eher aus Hollywoodfilmen und aufwendigen Computerspielen kennt.
Sie waren vergangenes Jahr mit einem Bandscheibenvorfall beschäftigt und durften sechs Monate lang nicht Geige spielen, um die Wirbelsäule heilen zu lassen. Gab es in der Zeit überraschende Zuneigung von Bekannten, die sich viel gekümmert haben, oder Enttäuschungen von vermeintlichen Freunden, die sich zu selten gemeldet haben?
Sagen wir es mal so: Besonders in solchen Situationen sieht man sehr schnell, wer wirklich zu einem steht und wer wahre Freunde sind. Als das mit der Bandscheibe kam, hatte ich schon ein Team zusammen von dem ich wusste: Darauf kann ich mich zu 100 Prozent verlassen. Mein Team hat mich sehr darin unterstützt, das Gas rauszunehmen und mir die Zeit zu nehmen, die nötig war, um wieder völlig gesund zu werden.
Vielen gilt die Geige als melancholisches Instrument. Beschreibt dieses Adjektiv auch einen Teil Ihrer Persönlichkeit?
Die Geige kann sicherlich melancholisch sein – aber genau wie die Stimme jedes Genre bedienen kann, so schafft das auch mein Instrument. Und so bleibt es für mich und für das Publikum immer spannend.
Was macht Sie wirklich glücklich?
Beruflich die Zusammenarbeit mit Menschen, die wirklich kreativ sind und mich inspirieren. Das ist zwar auf meinen Beruf bezogen, aber der ist bei mir gleichzeitig auch mein Hobby. Und wenn Leute dazu beitragen, dass dieses Hobby noch mehr Spaß macht, das sind dann unter anderem die Momente, die mich glücklich machen. Diese riesige Show der „Unlimited“-Tour mit einem Team zu erarbeiten, das meine Ideen umsetzt und gleichzeitig selber tolle Einfälle mit einbringt, war ist einfach schön. Privat sind es die gemeinsamen Momente und die Zeit, die ich mit Freunden und meiner Familien verbringen kann.
Wann hat Sie das letzte Mal eine Begegnung mit einem Fan wirklich bewegt?
Das passiert sehr häufig. Spontan erinnere ich mich an ein Konzert kürzlich in Mexiko, wo mich ein junger Mann vor der Show besuchen kam. Er hat mir einen wahnsinnig lieben Brief geschrieben und vor Ort vorgelesen – mir kamen wirklich die Tränen. Er war körperlich stark beeinträchtig und es war offensichtlich, was für ein schweres Schicksal er hatte. Welche Bedeutung meine Musik oft für die Fans hat, ist für mich immer sehr bewegend. Genau solche Begegnungen zeigen mir immer wieder, was es für ein Privileg ist, gesund zu sein.