Mehr als 13000 Menschen lauschen David Garrett

MÜNSTER Mit dem "Earth Song" von Michael Jackson beendet David Garrett am Samstagabend (22. Juni) sein Konzert auf dem Schlossplatz in Münster. Der Nieselregen, der zuerst in der Pause und dann wieder bei Beethovens "Ode an die Freude" einsetzte, ist da schon vergessen. Mit wunderschönen Naturaufnahmen auf den Leinwänden und Feuerfunken entlässt der Geiger mehr als 13000 Menschen in die Nacht.Von Sabine Müller

David Garrett bietet eine große Show, keine Frage. Zu „Master Of Puppets“ von Metallica schießen Feuersäulen in den Himmel (eine kleine Tonstörung gibt es dabei auch), eine Primaballerina tanzt auf Spitze zu „Schwanensee“, bei „Somewhere Over The Rainbow“ erheben sich zwei Akrobatinnen an weißen Tüchern in die Luft, es gibt Tango und Säbeltanz, eine Video-Hommage erinnert an Freddy Mercury zu den Klängen von „The Show Must Go On“. Die meisten Rockkonzerte haben weniger zu bieten.

Seit fünf Jahren Single

Dazu schenkt der 32-Jährige den 13000 Fans sein strahlendes Lächeln, erzählt unterhaltsame Anekdoten aus seinem Alltag. Etwa von seiner Fahrt mit der Deutschen Bahn. Er hatte ein Abteil zum Üben angemietet – direkt neben dem Zugchef. Kurz nach der Abfahrt in Berlin stürmte der allerdings ins Abteil und raunzte Garrett an, er fliege aus dem Zug, falls er weiter solchen Lärm mache. „Thank you for travelling“, kommentiert der Geiger.

Als Garrett mit trauriger Stimme erklärt, dass er seit fünf Jahren Single sei, geht ein Raunen und Seufzen durch die Menge. Eine Frau flüstert ihrer Nachbarin zu: „Der könnte doch an jedem Finger eine haben.“ Könnte er. Und einige Frauen auf dem Schlossplatz sehen in diesem Moment so aus, als wären sie gerne eine davon.

Chopin und AC/DC

Der Abend ist eine „Reise durch die Welt der Musik“, auf den Leinwänden mit einer Weltkarte anschaulich verdeutlicht. Doch Garrett springt nicht nur durch die Länder, er hopst auch, das ist schließlich sein Markenzeichen, zwischen Rock, Pop und Klassik hin und her. Chopin und Vivaldi schließen bei ihm Freundschaft mit AC/DC und Coldplay, Genre-Grenzen gibt es nicht mehr. „Music“ von John Miles, das der Tour und dem aktuellen Album den Titel gibt, hat das im Grunde schon 1976 vorgemacht. Garrett taucht die ersten Takte in den Kitsch-Topf, drückt das Stück dann aber mit treibenden Rhythmen energisch nach vorne und gewinnt ihm in den melancholischen Teilen doch noch zartere, fragendere Untertöne ab. Eine Interpretation, die dem Original ebenbürtig ist.

Von „Tico Tico“ bis „Thunderstruck“: Was Garrett bietet, ist leichte Häppchen-Kost, perfekt für einen Sommerabend unter freiem Himmel, orchestral pompös von seiner Band und der Neuen Philharmonie Frankfurt in Szene gesetzt. Aufwändige, brave Samstagabend-Unterhaltung ohne Ecken und Kanten. Alles hört sich routiniert und durchgestylt an, nicht nur die Stücke, auch die hübschen Geschichten. Hunger wird hier nicht gestillt. Ob es Garrett selbst noch satt macht?

Kinofilm über den Teufelsgeiger

Er macht zumindest Werbung für den Film „Der Teufelsgeiger“. Er hat dort sein Debüt als Schauspieler. Er ist – mit Koteletten und langem, dunkel gefärbtem Haar – als Niccolo Paganini zu sehen. Am 31. Oktober läuft der Film in den Kinos an. Als Kostprobe aus dem Soundtrack gibt es „Io ti penso“ – ein feines, zu Herzen gehendes Thema. Es sei ein Lebenstraum von ihm gewesen, die Rolle des Paganini zu spielen, sagte Garrett einmal in einem Interview. Auch die Filmmusik hat er geschrieben, zusammen mit Franck van der Heijden. Ein Sattmacher? „Io ti penso“ ist an diesem Abend jedenfalls das bezauberndste Stück.